[ PORTRÄT ]
Vereinigtes Königreich / Fotografin
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Begegnung mit Georgia Glynn Smith
"Ich bin wohl, offen gestanden, zu einer Art Promoterin für Weine aus dem Languedoc geworden."
Georgia Glynn-Smith hat schon immer die Grenzen der Kreativität verschoben. Sie hat den Sprung von ihren Wurzeln, die im Design liegen, zu einer der begehrtesten Food-Fotografinnen der Welt geschafft. Sie hat über 90 Kochbücher von legendären Spitzenköchen mit ihren Fotos illustriert und Regie bei Werbespots für Lebensmittel geführt. Mit ihrem neuen Projekt Inside Story hat sie sich jetzt der Aufgabe verschrieben, die Verpackung von Weinen zu revolutionieren. Bei Inside Story geht es um ein neuartiges Etikettenformat, das Marketing, weinbezogene Geschichten und fach-und sachkundige Informationen in einem neuen Konzept zusammenführt.
Sie können auf ein facettenreiches kreatives Berufsleben in verschiedenen Bereichen zurückblicken. Können Sie uns etwas mehr über Ihren Berufsweg erzählen ?
GEORGIA GLYNN SMITH
Mein bisheriger Berufsweg war ohne jeden Zweifel sehr abwechslungsreich und die Entwicklungen gehen weiter. Um Ihnen einen kurzen Überblick zu geben: Meine Eltern waren beide Designer und in den Bereichen Inneneinrichtung und grafische Gestaltung tätig. Sie haben mit Terence Conran und sogar mit Legenden wie Charles und Ray Eames zusammengearbeitet. In diesem kreativen Umfeld habe ich meine Kindheit verbracht, umgeben von Design und diesem besonderen ästhetischen Feingefühl. Ich ging auf kreative Schulen und studierte schließlich an der Londoner Hochschule für Kunst und Design Saint Martin's, wo ich ursprünglich Malerin werden wollte. Doch nach dem Tod meiner Mutter musste ich ganz praktisch darüber nachdenken, wie ich meinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. Damals bin ich zur Innenarchitektur gewechselt, habe an der Kingston University studiert und später in New York als Designerin gearbeitet.
Es klingt ganz so, als hätten Sie im Laufe Ihres Berufslebens einige entscheidende Richtungswechsel vollzogen. Wie kam es zu Ihrem Wechsel von der Innenarchitektur zur Fotografie ?
GEORGIA GLYNN SMITH
Hier war der Zufall mit im Spiel! Ich kehrte aus gesundheitlichen Gründen ins Vereinigte Königreich zurück und landete als Praktikantin bei Elle Decoration. Als eine von mir vorgeschlagene Idee angenommen wurde, fragte der Redakteur, ob ich mich auch darum kümmern könne, diese Idee zu fotografieren. Damals hatte ich noch keine Übung als Fotografin, aber ich ließ es auf einen Versuch ankommen und so begann meine Karriere als Fotografin.
Wie sind Sie zur Food-Fotografie gekommen ?
GEORGIA GLYNN SMITH
Später sah Nigel Slater einige meiner Arbeiten und kam auf mich zu. Damals kannte ich ihn noch nicht, aber er bat mich, die Fotos für eines seiner Bücher zu schießen. Da ich in der Welt der Food-Fotografie nicht wirklich zuhause war, ging ich anders an die Sache heran - ganz natürlich, ohne die hoch inszenierte Hochglanzästhetik, die damals üblich war. Das Ergebnis war ein echtes Gefühl, eine überzeugende Stimmung, und das Buch gewann zahlreiche Preise. Danach wurde ich als Food-Fotografin bekannt und verbrachte das nächste Jahrzehnt damit, die Welt zu bereisen und für Köche, Zeitschriften, Verleger und Weinjournalisten zu fotografieren. Es war eine tolle Zeit —ich wurde in Länder wie Thailand geschickt, um mit meiner Kamera Geschichten rund um das Essen einzufangen.
Sie haben im Languedoc in Südfrankreich ein Haus für Ihre Familie gekauft, warum haben Sie sich für diese Region entschieden ?
GEORGIA GLYNN SMITH
Diese Entscheidung hat einen sehr emotionalen Hintergrund. Meine Mutter starb, als ich 16 war, und mein Vater zog ins Languedoc, genauer gesagt nach Pézenas im Departement Hérault, wo er mit seiner neuen Frau weitere Kinder bekam. Ich fühlte mich ein wenig verloren und wollte eine Art Heim für die Familie schaffen, in dem mein Bruder, meine Schwester und ich zusammenkommen und die familiären Bande pflegen konnten.
Eine neue Riege von Winzern sorgt für neue Impulse, bricht die etablierten Regeln und bringt einige ganz herausragende Weine hervor
Das heißt, dass Sie jetzt eine ganz besondere Beziehung zu Weinen aus dem Languedoc haben ?
GEORGIA GLYNN SMITH
Oh ja, ich bin ein großer Fan von Weinen aus dem Languedoc! Ich bin wohl, offen gestanden, zu einer Art Promoterin für Weine aus dem Languedoc geworden. Was mich wirklich begeistert, ist diese neue Riege an Winzern im Languedoc, darunter viele Frauen und junge Talente aus aller Welt. Sie sorgen für neue Impulse, brechen die etablierten Regeln und bringen einige ganz herausragende Weine hervor. Das Terroir, der Wind, der Boden und das Klima im Languedoc bieten viel Raum für Innovationen. Ich spreche immer vom Languedoc als einer Region, die man unbedingt im Auge behalten sollte.
Wie kam es zu Ihrem Fotoprojekt mit der Appellation Languedoc AOC?
GEORGIA GLYNN SMITH
Oh, das ist eine lustige Geschichte! Damals hatte ich meine gesamte Kameraausrüstung verkauft, weil mir nach der Coronakrise das Geld ausgegangen war. Also musste ich mir von Canon eine Kamera ausleihen, was witzigerweise durch einen Kontakt von Jamie Oliver zustande kam. Am Ende hatte ich eine Kamera, zwei Objektive und drei Akkus in meiner Fototasche! Es war einer dieser glühend heißen Sommer, rund 42 Grad, ich trug ein luftiges Kleid, schwitzte und war ziemlich nervös. Was mir besonders auffiel, waren die vielen jungen Winzer und besonders die vielen Winzerinnen, die zum Shooting kamen. Ich schoss dieses recht freche Bild, auf dem ein Mann eine Palette in die Höhe hält, auf der Frauen stehen. Das war meine Art, die Frauen buchstäblich und im übertragenen Sinne auf ein Podest zu stellen!
Da Sie jetzt in der Welt des Weins angekommen sind, was planen Sie als Nächstes ?
GEORGIA GLYNN SMITH
Ich habe die Weinbranche als schwer durchschaubar erlebt ist. Es ist fast so, als würde jeder seine eigene Geheimsprache sprechen und es schwieriger machen als nötig. Es wurde mit bewusst, dass niemand wirklich Geschichten über Wein erzählt. Ich habe lange nach einer Lösung gesucht, aber dann, vor etwa einem Jahr, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich wusste plötzlich glasklar, was die Weinwelt braucht. Ich wollte die Dinge vereinfachen und Wein vor allem für den gewöhnlichen Sterblichen verständlicher machen. Daher verbrachte ich das letzte Jahr mit der Entwicklung eines neuen Projekts namens Inside Story, das ich aktuell auf den Markt bringe.
Ich wollte die Dinge vereinfachen und Wein vor allem für den gewöhnlichen Sterblichen verständlicher machen !
Inside Story? Erzählen Sie uns mehr darüber!
GEORGIA GLYNN SMITH
Es handelt sich um ein Marketing-Konzept für Wein. Die Idee dahinter ist folgende: Wenn Sie eine Weinflasche mit dem Etikett Inside Story sehen, wissen Sie, dass es um mehr als nur Wein geht. Wir haben dieses einzigartige Wrap-around-Etikett kreiert, das Sie abziehen können, um den Hintergrund zum Wein zu erfahren. Das Etikett zieren Karten, Aquarelle und sogar dynamische QR-Codes, die Sie zu kurzen, ansprechenden Inhalten wie Food-Pairing-Empfehlungen oder einer unterhaltsamen Geschichte führen. Das Konzept kommt aber eher einfach daher und soll den Leser nicht mit Informationen überfrachten. Wir probieren auch andere coole Ideen wie Live-Webcams in den Weinbergen aus, damit Sie haut-und zeitnah erleben können, wo Ihr Wein herkommt.
Article - Hannah Milnes
Hannah hat eine abwechslungsreiche Karriere in der Weinbranche hinter sich, wo sie sich verschiedenen Aufgaben in den Bereichen Verkostung, Verkauf und Eventmanagement gewidmet und sogar zwei Jahre in der Weinproduktion in Australien, Neuseeland, Frankreich und England gearbeitet hat. Heute lebt sie im Languedoc, wo sie ihrer Kreativität in Form von Fotografie und Content Creation freien Lauf lässt und neue Perspektiven und Möglichkeiten der Kommunikation für die Weinindustrie auslotet. Ihre Arbeiten finden Sie unter @studio_bouchon oder @the.british.bouchon auf Instagram.
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