[ PORTRÄTS ]

Frankreich & Vereinigte Staaten / Sommelière und Autorin

Begegnung mit Pascaline Lepeltier - Frankreich & Vereinigte Staaten - Sommelière und Autorin

_

Begegnung mit Pascaline Lepeltier 

"Die große Kraft des Weins liegt in seinen emotionalen, transzendentalen, transkulturellen und geschlechterübergreifenden Eigenschaften."

Pascaline Lepeltier, die unerschrockene Sommelière, die seit fast 15 Jahren ihrer Arbeit in New York nachgeht, feiert das einjährige Bestehen ihres neuen Restaurants Chambers. Nachdem sie die Juroren aus aller Welt im Wettbewerb um den besten Sommelier der Welt begeistert hat, bringt sie jetzt die Weinwelt mit der Veröffentlichung ihres Buches „Mille Vignes, penser le vin de demain“ (Tausend Reben, den Wein von morgen denken) in Aufruhr. In dieser regelrechten Weinbibel gibt sie dem Leser umfassende Kenntnisse zur Entschlüsselung von Wein und Reben an die Hand.

 

Wir loten ihre Passionen und ihr Engagement für eine neue Art der Weinverkostung aus. 

Porträtserie bekannter oder weniger bekannter Weinliebhaber; Sie sind Künstler, Schriftsteller, Abenteurer, Köche, Sommeliers, Konditoren, ... und erzählen uns von ihrer innigen Beziehung zum Wein.
Unterschrift EuroCave

Wie lautet das Mantra von Chambers, Ihrem jüngsten Projekt in Manhattan, dessen ersten Geburtstag Sie gerade feiern?

PASCALINE LEPELTIER

Im Chambers pflegen wir die frische Küche vom Markt, zu der wir rund 4000 verschiedene Weine servieren. Allerdings haben wir nur sehr wenige Flaschen vorrätig und für jedes neue Gericht verfolgen wir die Idee, einen neuen Wein im Glas anzubieten. Die Arbeit mit allem Lebendigen, den Jahreszeiten und den Stimmungen ist sozusagen das Rückgrat des Restaurants. Um sich überraschen zu lassen, kommen die Leute immer wieder.

Zitat Piktogramm

Die Arbeit mit allem Lebendigen, den Jahreszeiten und den Stimmungen ist sozusagen das Rückgrat des Restaurants.

Begegnung mit Pascaline Lepeltier - Frankreich & Vereinigte Staaten - Sommelière und Autorin
Unterschrift EuroCave

Wie kommt die Überraschung in den Gläsern zum Ausdruck?

PASCALINE LEPELTIER

Ich versuche, immer öfter mit Sake, fermentierten Getränken auf Reisbasis, Apfelwein und Co-Fermentationen zu arbeiten. Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass nicht alle schon bereit sind, jedes Abenteuer mitzumachen, selbst in New York, der Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten und der Kreativität. Wir aber setzen uns keine Grenzen, das ist unsere Vision von Gastronomie, die wir zusammen mit kleinen Produzenten zu unterstützen versuchen, damit unsere Konsumgewohnheiten so klimaneutral wie möglich werden. Man kann den New Yorkern, die sehr experimentierfreudig sind, eine riesige Geschmackswelt eröffnen! Letzte Woche zum Beispiel habe ich mich gut amüsiert und kleine, feine Spitzenweine vorgestellt: eine Chenin-Mazeration von Didier Chaffardon (Anm. d. Red.: Winzer im Anjou - Coteaux de l'Aubance) und einen beschwingten Pinot Noir von Raphaëlle Guyot (Anm. d. Red.: eine junge Winzerin aus der Nähe von Vézelay im Burgund).

Unterschrift EuroCave

Die Weinkarte gibt also biologischen, biodynamischen und natürlichen Weinen den Vorzug?

PASCALINE LEPELTIER

Die Weingüter, die wir auf die Karte setzen, sind allesamt eng mit dem Lebendigen verbunden, und ich tendiere dazu, die Weine von Fall zu Fall zu pushen. Wir versuchen in jedem Fall, die Wirtschaft und Bewirtschaftung des Weinguts, seine Geschichte, die Herangehensweise an das Lebendige zu verstehen. Wir unterstützen die Produzenten bei ihrem globalen Projekt unter Berücksichtigung der Schwierigkeit, heute, in Zeiten der Klimaerwärmung, Wein zu machen. Das hindert mich nicht daran, mich für große Meister zu begeistern, die jeden Tag an ihrer Öffnung und Offenheit gegenüber allem Lebenden arbeiten, wie z. B. die Domaine Chandon de Briailles, die mich emotional sehr beeindruckt hat.

Begegnung mit Pascaline Lepeltier - Frankreich & Vereinigte Staaten - Sommelière und Autorin
Zitat Piktogramm

Ich bin jetzt an einem Punkt in meiner Karriere angelangt, an dem ich das Gefühl habe, dass ich eine pädagogische Verantwortung trage.

Unterschrift EuroCave

In Ihrem Buch „Mille vignes, penser le vin de demain“ (Tausend Reben, den Wein von morgen denken) wird die Idee vorgestellt, andere Formen der Weinverkostung einzuführen. Warum liefert dieses Thema eigentlich Stoff zur Diskussion?

PASCALINE LEPELTIER

In unserem Arbeitsfeld sollte man so sachlich wie möglich und rational bleiben und nicht bloß seine Meinung äußern, weil eine solche Vorgehensweise einfach keinen Wert hat. Das Buch hat mir sehr geholfen, meine Expertise zu untermauern, die man mir zuvor abzusprechen versuchte, oder wenn man versucht hat, meine Arbeit auf die Werte Natur und Feminismus zu reduzieren, obwohl es bei mir immer um den Wein in seiner Gesamtheit geht. Ich wollte meinen Beitrag leisten, einen intellektuell aufrichtigen Beitrag, um mit zahlreichen Vorurteilen insbesondere über die Weinverkostung Schluss zu machen. In der Regel wird die Genealogie der Weinverkostung übersehen, und wer über die Expertise entscheidet. Die sich überschneidenden Arbeiten der Historiker und Forscher Thibaut Boulay, Olivier Jacquet und Gabriel Lepousez (der insbesondere für eine neue multisensorische Verkostung plädiert) haben mich zu der Aussage gebracht, dass die Qualitätsraster der Verkostung von einer langen Geschichte geprägt sind, von Menschen, von Interessen … Man muss sich anschauen, wie sich dieses Geflecht im Laufe der Zeit entwickelt und verändert hat! Beispielsweise wurde weitgehend vergessen, dass die Verkostung bei den Griechen rein medizinischen Zwecken diente, später wurde die Verkostung zu einem kommerziellen, dann zu einem politischen Thema. Dieses Geflecht zu entwirren kommt daher zuallererst dem Wein zugute.

Unterschrift EuroCave

Welche anderen Modelle der Weinverkostung könnte man sich vorstellen?

PASCALINE LEPELTIER

Alternative Weinverkostungen treten immer stärker auf den Plan, zum Beispiel die geosensorische Verkostung, die von Jacky Rigaux (Anm. d. Red.: Autor, der sich auf Weinverkostung und Weinbaugebiete spezialisiert hat) initiiert wurde. Alles, was mit Energie und Energieflüssen zu tun hat, kann für die Entdeckung der Terroirs relevant sein. Aber prinzipiell sollte die Weinverkostung die Frage beantworten: Sind wird als verständiges Lebewesen, als Sapiens, in der Lage, zu erkennen, wann ein Wein lebendig ist und ob er gut ist? Darin besteht die große Herausforderung der zukünftigen Weinverkostung.

Zitat Piktogramm

Die Sprache verleiht Macht über die Art und Weise, in der verkostet wird, also muss man Hilfestellungen zur Entschlüsselung bieten, immer und immer wieder.

Begegnung mit Pascaline Lepeltier - Frankreich & Vereinigte Staaten - Sommelière und Autorin
Unterschrift EuroCave

Heißt das, der Weinsprache Macht und Bedeutung zuzuerkennen?

PASCALINE LEPELTIER

Die große Kraft des Weins liegt in seinen emotionalen, transzendentalen, transkulturellen und geschlechterübergreifenden Eigenschaften. Diese Umgebungen für Verkostungen und neue Möglichkeiten müssen erst noch geschaffen werden. Und vor allem muss man wissen, wie man diese Eigenschaften zum Ausdruck bringt, wie man sich für einen großen Champagner von Olivier Horiot in der Champagne oder einen Carignan von Alain Castex in Banyuls begeistern kann. Die Sprache verleiht Macht über die Art und Weise, in der verkostet wird, also muss man Hilfestellungen zur Entschlüsselung bieten, immer und immer wieder.

Artikel - Élodie Louchez

Elodie Louchez arbeitete als Chefredakteurin im Hörfunk für die Gruppe NRJ und anschließend für Gesellschafts- und Kulturmagazine für France 3, France 5 und Pink Tv mit Michel Field. Heute ist sie Journalistin und Autorin für Erlebnismagazine und gesellschaftlich relevante Dokumentarfilme und schreibt insbesondere zum Thema Ökofeminismus. Sie ist Mitglied der Gruppe „Syndicat de défense des vins naturels“, die sich für natürliche Weine einsetzt, und hat vor fünf Jahren mit ihrer Lebensgefährtin Marie Carroget in Nantes die Messe „Canons“ ins Leben gerufen, die erste Messe für Winzerinnen, die Naturwein herstellen.

Bereichern Sie das Erlebnis

Entdecken Sie das Profil von kreativen und einflussreichen Persönlichkeiten, die über ihre Beziehung zum Wein erzählen, die Geheimnisse von Sommeliers oder legendären Weingütern.

Wenn Sie das Magazin abonnieren, wird Ihre E-Mail-Adresse ausschließlich für die Zusendung unserer Artikel verwendet. Sie können unsere Newsletter jederzeit wieder über den darin enthaltenen Link abbestellen. Für weitere Informationen über die Verwaltung Ihrer personenbezogenen Daten und Ihrer diesbezüglichen Rechte Klicken Sie hier .

Contact us

presse@eurocave.com